Bergbau

Im folgenden Jahr wurde zwar erneut gearbeitet, jedoch zu einem geringeren Lohn von 12 Silbergroschen pro Tonne – inklusive Aufbereitung.

Die Grube war nie zuverlässig. Oft lag sie monatelang still. Strecken mussten gestützt, altes Gerät repariert werden. Manchmal arbeiteten wir nur im sogenannten „alten Mann“, dort, wo frühere Generationen schon Erz geholt hatten. Zwischen morschen Pfeilern holten wir die letzten Reste heraus.

Die Grube Weckmecke ist keine große – sie ist mürrisch und unberechenbar wie das Wetter hier oben auf dem Homertrücken. Mal gibt sie etwas preis, mal schweigt sie beharrlich. Der Thoneisenstein, vermischt mit Brauneisen, sitzt tief und hart. Wir arbeiten mit Spitzhacke, Grubenlicht und viel Geduld.

Jedes Jahr gab es dieselbe Ungewissheit: Kommt der Aufseher von der Hermannszeche und nickt, dürfen wir weitergraben. Sagt er nein, ruhen wir. Dann leben wir von Ersparnissen, vom Holzschlagen – oder wir gehen zu einer der anderen Gruben in der Nähe und fragen nach Arbeit.

Nun, im Jahr 1860, ist die Grube wieder ruhig geworden. Nur noch zwei, manchmal drei Mann bemühen sich, sie am Laufen zu halten. Ich bin einer von ihnen. 

Aber ich spüre es – meine Zeit ist nicht mehr lang. Mit meinen 37 Jahren bin ich schon ein alter Mann. Mein Rücken ist krumm von der Arbeit unter Tage, das Atmen fällt mir schwer, denn ich hab wohl mehr Erzstaub eingeatmet als frische Sauerländer Luft.

Lange wird man mich unter Tage nicht mehr brauchen können – und auch für meine Familie bin ich keine große Hilfe. Meine Frau Agnes sagt manchmal, dass ich langsam so werde wie die Weckmecke selbst: mürrisch, verfallen und zu nichts mehr nutze. Sie sagt das lachend, aber ich weiß, dass sie recht hat. Gut, dass sie noch jung und stark ist. Sie wird es auch noch ohne mich schaffen. Genauso, wie es auch meine Mutter geschafft hat.

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