Doch von keinem der beiden Männer erfuhr sie die wahren Hintergründe. Nur gelegentlich hörte sie, wie Hermann von einem freien Germanien sprach. Oft war er in dieser Zeit nicht in seiner Burg und nicht bei seiner Frau.
Zwischen den Cherusker-Stämmen hatte sich die Lage verschärft – es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Segestes gelang es, Hermann gefangen zu nehmen. Auch versuchte er, seine Tochter zurück zur Eresburg zu bringen. Doch Thusnelda war dazu nicht bereit – sie trug Hermanns Kind unter dem Herzen.

Für Thusnelda begann eine harte Zeit. Wie eine Ware war sie zwischen zwei Männern hin- und hergerissen worden. Und nun hatte ihr eigener Vater sie auch noch skrupellos an die Römer ausgeliefert – ohne ein Wort der Erklärung oder gar der Entschuldigung. Nicht einmal ein Abschiedswort.
In Ravenna kam ihr Sohn zur Welt: Thumelicus. Thusnelda vergoss viele Tränen – aus Freude über das Kind, das ihrem Liebsten so ähnlich sah; aus Gram, weil sie ihn vielleicht nie wiedersehen würde; und aus Wut über ihren Vater, der ihr dies alles angetan hatte.
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