Der geistliche Rat Maria Balduin Neesen wurde aus Arnsberg gesandt, um zu untersuchen, was im Kloster vor sich ging. Er war ein Mann der neuen Zeit, den Ideen der Aufklärung zugewandt, und er sah in den alten klösterlichen Regeln ein Relikt vergangener Jahrhunderte. Mit scharfem Blick und spitzer Feder verfasste er Berichte, in denen er von Missständen sprach, von Intrigen, gar von Eitelkeit und Trotz unter den Chorfrauen.

Die Priorin, eine Frau von stolzer Haltung und tiefem Glauben, versuchte, die Ordnung zu bewahren. Doch sie verlor die Autorität über jene, die vom neuen Denken erfasst waren. „Wir sind Töchter Gottes, keine Dienerinnen von Männern“, soll eine junge Schwester ausgerufen haben, als Neesen sie befragte – ein Satz, der ihn gleichermaßen erschütterte wie faszinierte.
Schließlich wurde die Priorin ihres Amtes enthoben, ebenso die Kellermeisterin, die über die Finanzen des Hauses wachte. Selbst der Propst musste 1789 gehen. Doch der Friede kehrte nicht zurück. Zu tief saßen die Gräben, zu laut hallten die Fragen der neuen Zeit in den steinernen Mauern wider: Was bedeutete Gehorsam, wenn der Geist sich frei fühlte? Und wozu noch ein Kloster, wenn die Welt draußen Vernunft und Fortschritt pries?
Die älteren Schwestern beteten weiter in der kühlen Kirche, vor der alten „Kölschen Madonna“, deren stilles Lächeln sie zugleich tröstete und anklagte. Sie wussten, dass eine Epoche zu Ende ging.
Im Jahr 1804, kaum eine Generation später, fiel die Entscheidung: Oelinghausen wurde im Zuge der Säkularisation aufgehoben. Die Glocke, die einst den Tagesrhythmus des Konvents bestimmt hatte, verstummte. Die Schwestern mussten gehen, die Klosterhöfe wurden verpachtet, und das jahrhundertealte geistliche Leben in den Wäldern von Holzen erlosch.
Doch es kehrte wieder: Die Schwester der hl. Maria Magalena Postel brachten 1992 nicht nur das geistliche Leben zurück an diesen Ort, sondern auch einen spürbaren Frieden.
Anm. Alle zentralen Ereignisse und Personen entsprechen den Fakten. Dialog und Stimmung sind fiktonalisiert.
Wichtige Ereignisse im Kloster Oelinghausen:
um 1174
Gründung durch Siegenand von Basthusen und Hathewigis, bestätigt von Erzbischof Philipp von Heinsberg.
1228
Unterstellung unter das Prämonstratenserkloster Wedinghausen.
15.–16. Jahrhundert
Wirtschaftliche Krise, Disziplinverlust, zeitweilige Plünderung im Kölner Krieg.
1617
Umwandlung in ein weltliches Damenstift unter Ottilia von Fürstenberg.
1641
Rückkehr zum Prämonstratenserorden, Neubesiedlung durch Chorfrauen aus Rumbeck.
um 1712
Barocke Umgestaltung der Kirche.
1780–1789
Aufklärung und Konflikte im Konvent, Absetzung des Propstes.
1804
Aufhebung im Zuge der Säkularisation.
1828
Erwerb durch Freiherrn von Fürstenberg (Herdringen).
1904
Gründung der Pfarrgemeinde St. Petri.
1992
Rückkehr religiösen Lebens durch Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel.
2005
Eröffnung des Klostergartenmuseums.
In der Gründungsgeschichte des Klosters wird gesagt, dass sich an dieser Stelle ursprünglich ein Schloss befand, das Signandus von Basthausen und seiner Frau gehörte. Aufgrund ihrer Kinderlosigkeit beschlossen das Paar dem Prämonstratenser-Orden beizutreten und ihren Besitz in Oelinghausen und Bachum zu übereignen.
Oelinghausen war ursprünglich ein Doppelkloster – Chorherren und Schwestern lebten räumlich getrennt in einer Klosteranlage. Im 13. Jahrhundert wandelte es sich zum reinen Frauenstift mit großem Landbesitz zwischen Lippe und Lenne.

