Text: Christel Zidi
Eine alte Tradition lebt noch immer in den Köpfen der Alteingesessenen weiter – und wird manchmal sogar von Zugezogenen wiederbelebt: die Weitergabe von Hof- und Hausnamen. In vielen Sauerländer Orten, z. B. Schmallenberg-Winkhausen, Brilon-Scharfenberg, Olsberg-Helmeringhausen, Winterberg-Neuastenberg und Warstein-Belecke, pflegt man diese Tradition. Teils finden sich neue Schilder mit den ursprünglichen Namen an den Hauswänden alter Gebäude. Das kann der Name des Erbauers sein, sein Beruf – oder die Funktion, die der Ort oder das Haus früher hatte.
Das Prinzip „Der Hof bleibt, der Name geht“ war noch im 18. Jahrhundert in Westfalen üblich. Damit konnten die Erbauer eines Hofes sicherstellen, dass – falls es keine männlichen Erben auf dem Hof gab – trotzdem der Hofname erhalten blieb. Der neue Besitzer, egal ob eingeheirateter Schwiegersohn oder ein völlig Fremder, erhielt den Hof- bzw. Hausnamen. In den Kirchenbüchern wurden dann beide Namen aufgeführt. Ein Kotthoff auf dem Hof Heinemann war dort als Kotthoff genannt Heinemann verzeichnet. Seine Kinder wurden dann schon auf den Namen Heinemann getauft. Das kann schon mal zu Verwirrung bei Familienforschern führen – wenn die Vorfahren zwar aus demselben Haus stammen und denselben Namen tragen, aber keinerlei Blutverwandtschaft besteht. Auch wenn die preußische Verwaltung im Jahre 1810 eine Verordnung zur „Unabänderlichkeit“ des Familiennamens erließ, lebten die alten Hofnamen dennoch weiter.
Viele kennen noch Beispiele dafür, wie z. B. das der hochbetagten, unverheirateten Anne Becker, die von allen im Dorf nur Kotthoffs Aenne genannt wird. Sie wurde im Hause Kotthoff geboren – und wohnt dort noch immer. Und selbst wenn sie später in eine andere Straße gezogen wäre, bliebe sie für die Leute im Ort doch immer Kotthoffs Änne.
Schon bald erkannten die preußischen Verwaltungen, dass sich diese Namenssitte nicht einfach verdrängen ließ. Freiherr von Vincke ergänzte später die Verordnung durch den Zusatz, dass in den Personenstands-, Einwohner- und Steuerlisten zwar der Familienname zu stehen habe, in den Bürger- und Einwohnerlisten aber zusätzlich auch der Hofname. Diese Sonderregelung galt allerdings nur für denjenigen, der den Hof übernommen hatte – nicht für seine Nachfahren.
In den beim Richtfest verliehenen Hausnamen zeigen sich häufig auch die Berufe der Erbauer, die wiederum oft der Ursprung der Familiennamen sind. Doch nicht nur die Erbauernamen dienten als Hausnamen – manchmal auch die Funktion des Ortes bzw. Hauses. So heißt denn in Winterberg-Siedlinghausen ein altes Haus Linkämpers. Der Name deutet auf den Platz (Kamp) hin, an dem die Einwohner früher ihre Wäsche, ihr Linnen, zum Bleichen ausbreiteten.
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