Vielseitig begabte Müller
Müller mussten vielseitig ausgebildet sein. Neben der Kunst, verschiedene Getreidesorten in unterschiedlichen Feinheiten zu mahlen, mussten sie den Wasserfluss für die Mühle steuern und das Mahlwerk fachgerecht bedienen und reparieren. Die Mühlen an der Aa arbeiteten mit oberschlächtigen* Mühlrädern, die seit dem frühen Mittelalter als effizienteste Form der Wasserkraftnutzung galten. Kleine Nebenläufe wurden angelegt, damit das Wasser oberhalb der Mühle auf das Rad fiel. Durch optimale Gestaltung von Fallhöhe und Wassermenge konnte der Nutzeffekt auf fast 80 % gesteigert werden. Zusätzlich wurden oberhalb der Mühle Teiche angelegt, um auch bei Niedrigwasser den Mahlbetrieb zu sichern.
Das Multern
Die Entlohnung eines Pachtmüllers konnte auf zwei Arten erfolgen: „Multern oder betaalen?“, fragte der Müller seine Kunden. Da viele Bauern kein Geld hatten, „multerten“ sie – das heißt, ein Anteil des Mahlgutes blieb in der Mühle. Auch die Müller konnten ihre Pacht teilweise in Form von Multern begleichen.
Das Wegesystem
Die Wege zu den Mühlen waren bei Nässe oft kaum befahrbar. Dieser Missstand wurde im 17. Jahrhundert von einem Briloner Kürrat dokumentiert und an den Stadtrat weitergeleitet. Manche Bauern und Bürger gingen daher querfeldein, was zu Schäden an den Feldfrüchten und Feldgrenzen führte und oft in Streitigkeiten endete.
Da sich die Situation von Stadtseite her nicht umfassend ändern ließ, begann man, Esel zu halten – anfangs vereinzelt, später in großer Zahl. Man kann sich vorstellen, wie nach getaner Mühlenarbeit eine kleine Eselkarawane in Richtung Stadt zog, begleitet von Mühlenknechten und den Kindern des Müllers. Im Jahr 1837 zählte man in Brilon stolze 223 Esel, viele davon im Besitz der Mühlenbetreiber. Sie gehörten fest zum Stadtbild.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Wege nach und nach ausgebaut und befestigt. Statt schmaler Karren auf schlechten Feldwegen konnten bald schwere Fuhrwerke mit Pferden eingesetzt werden. Pferde waren kräftiger und konnten größere Lasten über längere Strecken ziehen. Und so verschwanden nach und nach die Eselkarawanen aus den Briloner Straßen.
* Bei oberschlächtigen Mühlen, die man eher in Gebirgs- oder Hügellagen findet, trifft das Wasser von oben auf das Rad, meist über eine Rinne. Meist liegt das Rad oberhalb des Mühlbaches. Beim unterschlächtigen trifft das Wasser von unten auf das Rad, fließt alsounter dem Rad hindurch. Diese findet man eher im Flachland.

