Foto: Georg Hennecke
Text: Sabina Butz
Bauer Thönies Stirnberg erzählt (fiktiv)
Wallen, im Jahre 1628
Es war ein heißer Sommer, wie man ihn selten sah in unserm Tal. Die Kühe gaben dennoch gut Milch. Jeden Morgen in der Früh ist sie in den Stall gegangen, um die Kühe zu melken. Sie hat geknetet, gerührt, geschlagen – bis die Butter kam.
„So hab ich’s von der Mutter gelernt“, sagt sie oft. Und mit der Mutter meinte sie eigentlich meine Mutter, denn die Anna war noch sehr jung, als wir geheiratet haben und sie auf den Hof kam.
Sie war fleißiger und geschickter als die meisten anderen Frauen – egal, um welche Arbeit es ging. Und so machte sie es auch mit der Butter: Die schlug sie an heißen Sommertagen eben so lange, bis es ihr gelang.
Doch die Nachbarn sagten, sie hätte zu viel Butter aus der Milch gemacht. Sie sagten, das sei nicht möglich – nicht bei dieser Hitze, nicht in diesem Sommer, nicht ohne teuflischen Beistand. Doch die Leute … ach, die Leute sind schnell mit der Zunge und langsam mit dem Verstand. Sie redeten. Erst leise, dann lauter. Sagten, sie könne dies nur, weil sie nächtens mit dunklen Kräften verkehre. Der Teufel selbst solle ihr helfen, sagten sie. Dabei weiß ich es doch ganz genau: Meine Anna lag neben mir – jede Nacht, die ganze Nacht.
Und dann kam der Prange. Gerichtskommissar nannte man ihn, aber ich sage: Er war des Bösen Knecht. Ich bat ihn. Ich fiel gar auf die Knie. „Lasst sie gehen“, sprach ich, „sie ist rein wie frisches Quellwasser und fromm obendrein.“ Doch sein Herz war wie Stein, und sein Blick voll Gier nach Schuld. In Calle sprach er das Urteil, noch ehe das Verhör recht begonnen hatte.
Sie holten sie in der Nacht. Ich weiß nicht, ob sie weinte – sie war stark, meine Anna.

