Fotos: Georg Hennecke
Text: Christel Zidi
Sieperting im August 1825 (fiktive Erzählung)
Endlich war die Ernte eingebracht. Es war ein gutes Jahr gewesen, und die Leute im Dorf waren fröhlich gestimmt. In der Mitte des Ortes hatten sie sich versammelt. Auch die drei Ernst-Brüder – Johann, Theodor und Kaspar – waren dabei und packten gerade ihre Instrumente aus. Sie hatten fleißig bei der Getreideernte geholfen und wollten den Tag nun mit einem kleinen Ständchen ausklingen lassen.
Aus einiger Entfernung näherte sich der Siedlung eine Gruppe von Wandersleuten: zwei Frauen, ein älterer Mann und ein Junge, die einen einfachen Handwagen zogen. Man sah ihnen an, dass sie schon viele Tage unterwegs waren – und doch wirkten sie nicht erschöpft, sondern neugierig auf jeden neuen Ort.
Johann stimmte gerade eine ruhige Melodie an, während Theodor auf seiner Flöte den passenden Einstieg suchte. Kaspar wollte schon „Kein schöner Land“ beginnen, als der ältere Fremde den Wagen bremste und freundlich rief: „Habt ihr Platz für ein Lied mehr? Wir zahlen nicht in Münzen – nur in Tönen.“ Die Leute lachten, und Johann, der älteste der Brüder, nickte einladend. „Kommt her. Musik kostet in Sieperting niemanden etwas – schon gar keinen, der selbst welche mitbringt.“

