Die Wolfsjagd
Große Wolfsjagden habe ich kaum mehr erlebt. Sie gehörten bereits der Vergangenheit an. Aber mein Großvater sprach oft mit glänzenden Augen davon, wie man einst hunderte Männer aufbot, um dem Wolf Einhalt zu gebieten. Der ganze Forst bebte von Hörnern, Rufen und dem Hall der Flinten.
Die Jäger hatten einen festen Ledergürtel über den kurzen Rock des grünen Anzugs geschnallt, in der Hirschfänger, ein Schwamm für die Fährtensuche und der Feuerstein staken. Die Hosen waren aus festen Stoffen gefertigt und durch Gamaschen geschützt. Der Jäger trug ein Jagdhorn; als Waffe war ihm neben dem Hirschfänger wohl schon früh das Gewehr zugebilligt.
Es ging los, wenn frischer Schnee gefallen war. Unsere Feuerstätte, also dort, wo sich Jäger und Spürer trafen, lag in Neuhaus. Andere gab es auch in Enste und Visbeck. Die Männer kamen mit Trommeln, Schwertern, Spießen, Fangeisen. Und mit gewobenen Fangtüchern, die aus Arnsberg stammten.
Wurde Canis lupus erspäht, so schloss sich der Kreis: Die Trommeln dröhnten, die Treiber trieben, Fangeisen blitzten zwischen Baumstämmen, Gewehre wurden erhoben. Oft war es der Oberjägermeister, der den Balg des Tieres als Trophäe erhielt – ein sichtbarer Lohn für eine gefährliche Tat, die selten ohne Risiko war.
Für diese Männer war die Jagd nicht nur Notwendigkeit – sie war ein Ritual. Und für die oberen Schichten auch ein gesellschaftliches Ereignis. Nach erfolgreicher Jagd wurde der Balg des Wolfes dem Oberjägermeister übergeben, und es folgte ein feuchtfröhliches Zechgelage, dessen Kosten oft von der Landeskasse getragen wurden.
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Mit der Zeit änderte sich jedoch die Einstellung zur Wolfsjagd. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war das Volk müde und ausgezehrt, und die Begeisterung für die Jagd ließ nach. Der letzte Wolf in Westfalen wurde 1835 geschossen.
Heute denke ich oft an unsere Familienline, die sich durch uns zieht wie ein alter Pirschpfad durch den Forst: Caspar, Philipp, Gaudentius, Franziskus und ich. Leider endet der Pfad mit mir, denn meine Söhne arbeiten lieber als Verwalter als im Wald. Die Mädels können sich zwar für den Wald begeistern und sind oft mit mir gelaufen – bis sie dann geheiratet haben.
Fakten
1835 wurde der letzte Wolf in Westfalen (Wittgenstein-Berleburg nicht eingerechnet) erlegt, der später ins zoologische Museum zu Münster gebracht wurde.
Goddefridus Matthias Holzapfel (1765–1844)
Großherzoglicher Oberförster, später Förster/Forstinspektor in Völlinghausen
Verheiratet 1806 in Bremen mit Maria Anna Aloysia Seaphina Hake
Vater: Franziskus Antonius Holzapfel (1729–1794)
Geboren in Neuhaus, Förster in Völlinghausen
Verheiratet mit Sophia Anna Maria Agnes Wert aus Hirschberg
Die Familie wohnte im kurfürstlichen Jägerhaus In Neuhaus
Großvater: Gaudentius Holzapfel (1696–1764)
Kurfürstlicher Jäger in Freienohl
Gestorben in Neuhaus-Körbecke
Taufpate: Gaudentius von Weichs, herzogl. westfäl. Oberjägermeister
Genannt in den Schriften zur Amtserblichkeit an den Forststellen Delecke, Neuhaus, Körbecke
Urgroßvater: Philipp Holzapfel (1666-1737)
Geboren in Hirschberg, Sohn des Caspar Holzapfel (ebenfalls Jäger)
Kurfürstlicher Jäger, Konsul, Bürgermeister von Freienohl
Stifter der Rümmecken-Kapelle
Verstarb im Forst bei Wallen während eines Jagdausritts
Urur-Großvater Caspar Holzapfel (1630-1690
Die Kinder von Goddefredus waren: Gottfried, Sophie, Clemens Wilhelm, Therese, Franziskus Josephus Aloisus. Näheres über sie ist – noch – nicht bekannt.
Quellen:
Universitäts- und Landesbibliothek Münster „Geschichte der hohen Jagd im Sauerlande“ Autor: Féaux de Lacroi https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/hd/content/titleinfo/53813
https://datenpool.bvff.de/tree/Boege-Bangert.ged/individual/I3895/Philip-Holtapfner#tab-personal_facts
matricula online, ancestry.de freienohler.de

