Text: Christel Zidi
Fiktive Erzählung
Völlinghausen, im Jahre 1840
Mein Name ist Goddefridus Matthias Holzapfel, Förster zu Völlinghausen. So stelle ich mich noch immer vor, auch wenn meine Schritte kürzer geworden sind und der Hirschfänger nur noch zur Zierde über dem Kamin hängt. Der Wald hat mir ein langes Leben geschenkt, voller Arbeit, Pflicht – und Frieden. Ich bin Förster und Forstinspektor gewesen, großherzoglicher Oberförster sogar. Aber vor allem war ich: Sohn, Enkel und Urenkel von Männern des Waldes.
Ich erinnere mich an die Stimme meines Vaters, wie sie durch die Dämmerung klang, als er mir die alten Geschichten erzählte. Vom ersten Schritt in den Forst, vom ersten Schuss, von der ersten Pirsch – und von der Verantwortung, die auf uns lag. Er hieß Franziskus Antonius, und er trug das Amt in Völlinghausen wie seinen Waidmantel: mit Ernst und Würde. Er war kein lauter Mann, aber jeder im Dorf wusste, dass sein Wort Gültigkeit hatte. Denn nicht selten wurde es am Rande des Waldes auch mal laut. Dann nämlich, wenn an das Holz und das Land Ansprüche gestellt wurden.
Als er für immer ging – ich war gerade 17 Jahre alt – war es lange still im Haus. Obwohl er das Ende gefunden hatte, das er sich gewünscht hatte. Nicht alt und siechend in einem Bett, fand man ihn, sondern am Fuß einer alten Eiche. Der Wald hatte ihn heimgerufen.
Doch mein Vater war nicht der erste Waldmann in unserer Familie. Sein Vater, mein Großvater Gaudentius, hatte schon vor ihm das Gewehr getragen – als kurfürstlicher Jäger in Freienohl. In den alten Büchern steht sein Name noch heute, verbunden mit dem Amt, das unser Geschlecht über Generationen begleitete. Sein Pate war kein Geringerer als der Oberjägermeister Gaudentius von Weichs.
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