Text: Sabina Butz

Vielleicht die älteste Bürgerbewegung in Meschede?

Im Stadtarchiv Meschede findet sich ein Protokoll aus dem Jahr 1656, das „eine Schnad“ belegt, die „erstlich in anno 1656… allhier zu Meschede… ausgegangen“ wurde.

„Schnade“ hängt mit dem Wort „Schneise“ zusammen. Schneisen dienten seit Jahrhunderten als  Grenzbezeichnungen. Jede Grenze verleitete zu Grenzverschiebungen. Mit dem Schnadegang überprüften die beteiligten Gemeinden die Grenzeinhaltungen. Schnadegänge sind in unserem regionalen Umfeld seit dem 15. Jahrhundert bekannt. 1817 führte das preußische Innenministerium das Katasteramt ein. Damit war fortan die Regierung für die Grenzüberprüfungen zuständig und der Schnadegang der Gemeinden überflüssig. Da die Sauerländer aber an ihren Schnadezügen festhielten und sich dabei „mehrerer grober Exzesse“ schuldig machten, wurden die Schnadegänge 1841 von der Regierung komplett verboten. Vermutlich stehen die erwähnten „Exzesse“ auch mit dem Brauch des Pohl- oder Stutzäsen in Zusammenhang. Gemeint ist der nachhaltige Kontakt des nachgelagerten Körperteils, also Popo, der über den Grenzstein gezogen wird, um einem Neubürger diesen Grenzstein auf immer ins Gedächtnis zu brennen. So eine Art Nürnberger Trichter, nur eben andersherum.

Starkes Mescheder Traditionsbewusstsein
Die Mescheder haben ein starkes Traditionsbewusstsein und ließen den Schnadezug seit 1969 wieder aufleben. „Aus der Grenzbegehung wurde dabei eine Nachbarschaftsbegegnung“, wie der Vorsitzende des Arbeitskreises Schnadezug, Martin Eickelmann, erklärt. Ziel des Arbeitskreises ist die Erhaltung dieser uralten, wunderschönen Tradition, ein Anliegen, das auch unser Bürgermeister Christoph Weber teilt.

Die Bürger in Bewegung halten
Die Stadt Meschede umschließt seit der Neugliederung 1975 sechs historisch unterschiedlich entwickelte Gemeinschaftsformen, man könnte von unterschiedlichen „Kulturräumen“ sprechen: Die beiden Städte Eversberg und Grevenstein, die Freiheiten Meschede und Freienohl sowie die zwei Kirchspiele Calle und Remblinghausen. Sie alle haben ihre eigenen Schnadegang-Traditionen, die gleichberechtigt nebeneinander stehen. Der Rat der Stadt Meschede, der für die Organisation der Schnade zuständig war, hat 2018 seine Zuständigkeit für die Schnade abgegeben. Neue Konzepte wurden und werden ausprobiert, um die Bürger weiterhin in Bewegung zu halten.