Text: Sabina Butz
Emhildis und das Damenstift – Meschede um das Jahr 870
Wenn uns eine Zeitmaschine für einen Moment ins Jahr 870 (plus/minus einige Jahre) zurückversetzen könnte – und wir die heutige Stadt Meschede, speziell den Stiftsplatz, als Ziel wählten – könnte sich folgendes Bild ergeben:
Wir stehen vor dem von Osten nach Westen angelegten Bau einer Kirche, der gerade von einer vornehm gekleideten Dame mit Gefolge inspiziert wird. Sie dürfte mindestens 40 Jahre alt sein und wirkt ausgesprochen selbstbewusst. Sie könnte die Bauherrin sein – was sich in einem belauschten, fiktiven Gespräch bestätigt:
„Wir werden die Kirche der Gottesmutter Maria weihen, und unser Stift wird eine Stätte der Bildung und Kultur sein.
Ich plane sogar, Mädchen und Frauen unterrichten zu lassen. Das ist ungeheuerlich, ich weiß – wir müssen es ja nicht gleich an die große Glocke hängen.
Ihr als meine Stiftsdamen seid alle gebildet, könnt lesen und schreiben, seid perfekt in vielen Künsten und vor allem:
Wir sind alle frei in unseren Entscheidungen und müssen keine Rücksicht auf Ehemänner nehmen. Das ist ein großes Privileg, das es zu nutzen gilt, zumal wir die Mittel dazu haben.
Unser Besitz ist Euch bekannt – er wächst mit jeder neuen adeligen Dame und den Schenkungen Eurer Familien. Wir selbst machen gute Geschäfte im Umfeld; zahlreiche Bauern sind uns abgabepflichtig. Also lasst uns anfangen, aus unseren Talenten und aus unserem Vermögen Nutzen zu ziehen – nicht nur für uns, sondern vor allem für die Christenheit, zum Lobe Gottes und der Gottesmutter Maria, die wir schon bald hier verehren werden. Ich, Emhildis, Eure Äbtissin und Gründerin
Unsere Zeit ist abgelaufen – wir kehren in die Gegenwart zurück und fragen uns verblüfft: Frauen? Damals? Gebildet? Mächtig? Mutig? Emhildis? Waren wir vielleicht im falschen Film? Nein – wenn wir die wenigen historischen Fakten über Meschede um diese Zeit genauer betrachten:
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