Text: Sabina Butz
Eine Küche ohne Kühlschrank, Kochherd, Backofen und Mikrowelle würde eine Hausfrau des 21. Jahrhunderts vor schier unlösbare Probleme stellen. Vor 1900 sah das jedoch ganz anders aus. Im normalen Ackerbürgerhaushalt war die Küche so etwas wie die Kommandozentrale der Familie und in jedem Fall Zentrum des Familienlebens. Dort war es nämlich immer warm. Das offene Herdfeuer (oft in einem gemauerten Kamin mit Kesselhaken) ließ sich nur schwer regulieren: „Wenn de Pott kocht, dann is et warm genug – un wenn et brennt, dann büst zu spät.“
Statt – wie heute – Knöpfe zu drehen oder digitale Befehle zu erteilen, musste man sich damals auf Erfahrung stützen. Auf dem Speiseplan stand vor allem traditionelle Hausmannskost, wie Eintöpfe, Durchgemüse (ein Mischgemüse aus dem Garten), Potthucke (ein Kartoffelgericht) oder Brotpfannkuchen, Blindhuhn oder Graupensuppe, immer abhängig von dem, was die regionale Landwirtschaft hergab. Fleisch gehörte nur sehr selten dazu. Ein Eintopf aus Weißkohl, Knollensellerie, Möhren, Zwiebeln, Kartoffeln und Speck, dazu Kräuter nach Wahl wurde als „Heggengemös“ bezeichnet und war ideal für die Zeit, in der das Gemüse noch nicht reif war oder um Reste zu verwerten.
Auch für die Fastenzeit gab es ein besonderes Gericht: Wassersuppe mit Brotkrumen. „Dat mocht nich satt, aber warm“, wie eine alte Bäuerin aus Calle sagte.
Das Essen wurde aus einem gemeinsamen Topf oder einer großen Schüssel in der Mitte des Tisches eingenommen. Jeder bekam einen eigenen Holzlöffel, Messer wurden geteilt und Gabeln gab es nur vereinzelt. Zinn- oder Holzteller waren üblich und wurden erst später durch Steingut ersetzt.
Die Sitzordnung war streng vorgeschrieben: Am Kopfende saß der Hausherr, die Kinder saßen unten. Der Vater sprach das Tischgebet, während des Essens wurde geschwiegen: „Et wird nich geschwätzt, wenn de Löffel in de Hand is!“
Ganz anders sah die Esskultur beim Adel aus: Dort kochten Bedienstete, es gab regelmäßig Fleisch, Silberbesteck, feines Porzellan und mehrere Gänge. Dazu wurde Wein serviert. Der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe dürfte im Sauerland unter 1% gelegen haben. Die restlichen 99% dürften sich mit der berühmten Sauerländer Biertradition getröstet haben.
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