Text: Christel Zidi

Der Duft nach frischem Holzofenbrot liegt über dem Burgplatz in Hallenberg. Schon früh am Morgen wurde der alte Steinofen angeheizt. Durch das geöffnete Backhausfenster weht der Geruch von Rauch, Mehl und Sauerteig hinaus in die Gassen. 

Eine Szene wie vor Hunderten von Jahren und doch ist sie aus unserer Zeit, denn in Hallenberg wird die Tradition des Brotbackens noch gelebt. Allerdings nicht mehr in vier Backhäusern – eines in jedem Stadtquartal – sondern nur noch in einem. 

Früher standen auf vielen Bauernhöfen eigene Backhäuser, in denen regelmäßig das Brot für den Eigenbedarf gebacken wurde. Wer keine eigene Backstube besaß, vertraute auf den Dorfbäcker. Diese Bäcker erhielten das Mehl von den örtlichen Mühlen und verwandelten es – gegen ein Entgelt – in duftende Laibe. Gebacken wurde damals mit dem, was die Felder hergaben: Hafer, Gerste, Roggen und Dinkel. Diese robusten Getreidesorten prägten den kräftigen Geschmack des Sauerländer Brotes, das lange frisch blieb und nahrhaft war. Weizen gab es eher in den warmen Regionen, am Rhein und in Süddeutschland – und dann auch eher für den Adel und für Klöster.

Mancherorts wurden die Brote anschließend mit Pferdewagen auf den Märkten der Umgebung verkauft, oft mehrmals pro Woche. So zog der Duft frisch gebackenen Brotes durch die Dörfer.

Vor rund 400 Jahren war das Brotbacken im Sauerland noch Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes – geprägt von Erfahrung, Feuer und Geduld. Das verbreitetste Verfahren war das Backen im gemauerten Holzofen. Er wurde mit Holz ausgeheizt, bis die Steine glühten. Dann wurde die Glut herausgezogen, der Ofenboden gesäubert und die Brote in der gespeicherten Hitze gebacken – eine Methode, die gleichmäßige Hitze und aromatische Krusten hervorbrachte.

Doch nicht überall stand ein eigener Backofen zur Verfügung. In kleineren Haushalten wurde Brot direkt auf dem Herd gebacken – auf heißen Steinplatten oder unter einer Eisenhaube, über die glühende Kohlen geschaufelt wurden. Diese Technik eignete sich besonders für flache Brote aus Roggen- oder Hafermehl.

Mancherorts wurde sogar in der Asche gebacken: Der Teig wurde in Blätter oder Tücher gewickelt und direkt in die Glut gelegt. Nach dem Backen klopfte man die Asche einfach ab – ein einfaches, aber wirkungsvolles Verfahren, das noch aus vorbäuerlicher Zeit stammte.

Wo es ein Gemeinschaftsbackhaus gab, nutzten die Dorfbewohner die Wärme gemeinsam. Jede Familie brachte ihren eigenen Teig mit, der Ofen wurde von einer erfahrenen Bäckerin oder einem Backmeister betreut. Die Laibe wurden mit Kerben oder Symbolen markiert, damit jeder sein Brot später wiedererkannte. Das gemeinsame Backen war nicht nur Arbeit, sondern auch ein gesellschaftliches Ereignis – Neuigkeiten wurden ausgetauscht, Rezepte weitergegeben und Geschichten erzählt.

Alte Backhäuser sind in vielen Dörfern zu sehen – über das gesamte Sauerland verteilt. So stehen solche Häuser zum Beispiel in Arpe, Frielinghausen, Hoevel, Holthausen, Obermielinghausen und Voßwinkel. In Meschede gibt es noch das  „Alte Backhaus“, aber Brot wird noch schon lange nicht mehr gebacken. Gelegentlich – bei Stadtfesten – wird aber in Obermarsberg der Ofen im Backhaus wieder angefeuert, während das Backhaus auf dem Gutshof in Drüggelte heute als Gästehaus dient.

Bild: ki-generiert by Microsoft Copilot

Vor dem kleinen Fachwerkhaus steht seit einiger Zeit die Bronzefigur einer Bäckersfrau – drei kräftige Laibe hält sie auf einem Blech vor sich. Die Figur des Briloner Künstlers Boris Sprenger erinnert an Elisabeth Cappel, eine der letzten Hallenberger Backfrauen, die hier einst Brot für das ganze Viertel buk. Die Statue ist gut gelungen, denn als sie enthüllt wurde, rief Bürgermeister Kronauge  aus:  „Unser Elli“. Fast wie ein freudiges Wiedersehen, denn die Verbindung zu den heimischen Bäckern war wohl schon immer besonders.