Text und Bilder: Georg Hennecke
Im Nachlass des 1873 in Remblinghausen geborenen Jost Hennecke – „an einem Sonntag unter dem Geläute aller Glocken“ – finden sich Skizzenbücher, die die Lebensstationen des Heimatdichters widerspiegeln. Während seine bekannten Dichtungen meist mit viel Humor einhergehen und häufig auf Plattdeutsch verfasst wurden, schrieb er seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg ausschließlich auf Hochdeutsch. Seine Zeichnungen aus dieser Zeit sind kaum bekannt, aber beeindruckend und aussagekräftig – nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Kriege der Gegenwart.
Zerplatzte Träume
Wenige Tage bevor Hennecke das Licht der Welt erblickte, starb der französische Kaiser Napoleon III. im britischen Exil. Der Wiener Börsenkrach im Mai 1873 rief eine lang andauernde Weltwirtschaftskrise hervor – die Zukunftsaussichten für Kinder auf dem Land waren dürftig.
Jost besuchte die Volksschule in Remblinghausen. Als er 13 Jahre alt war, starb sein Vater. Damit war der Wunsch zu studieren begraben: „Ich kam im Alter von 14 Jahren zu Schüttler in Meschede. Hier studierte ich Ökonomie, d. h. ich wurde Kuhjunge“, notierte Hennecke 1926 in seinem Selbstzeugnis.
Nach seiner Zeit als „Kuhjunge“ erlernte Jost das Schuhhandwerk und arbeitete nach seinen Gesellenjahren acht Jahre lang selbstständig als Meister. Aus gesundheitlichen Gründen musste er diesen Beruf jedoch aufgeben und wurde Heizer und Wärter in der Knappschaftsklinik Beringhausen.
Arbeiter und Dichter

Jost Henneckes Leben war geprägt von einem beständigen Streben nach Wissen: Der Bergmannssohn brachte sich Latein selbst bei, vertiefte sich in Goethes Faust, die Ilias von Homer, las Kant und Nietzsche. Er lernte Orgel und Geige, leitete die örtliche Musikkapelle.
Sein in der Familie nicht unumstrittener Kauf von 25 Brockhaus-Bänden hatte milde Folgen – bezahlt wurde mit Inflationsgeld, unerwartet mühelos.

