Foto: Georg Hennecke
Text: Sabina Butz

Oberkirchen – ein Ort mit ungefähr 1.100 Einwohnern – liegt ca. acht Kilometer östlich von Schmallenberg, im Lennetal am Fuße des Rothaargebirges. Im Jahr 1275 wurde Oberkirchen erstmals urkundlich erwähnt. Das Adelsgeschlecht von Grascap dürfte jedoch bereits zuvor die Höfe in der Umgebung beherrscht haben.

Oberkirchen fehlt in kaum einer Darstellung über die mittelalterlichen Hexenprozesse: Im Jahr 1630 wurden dort die 9-jährige Christine Teipel, ihre gleichaltrige Freundin sowie 15 von ihnen beschuldigte Menschen der Hexerei für schuldig befunden und hingerichtet.

Doch Oberkirchen hat weit mehr zu bieten als Schauergeschichten, die damals ja nicht nur dort vorkamen: etwa einen historischen Schnadstein, ein Pfarrhaus und ein Küsterhaus von 1711, einen Kerker aus dem 18. Jahrhundert, wunderschöne Fachwerkhäuser, eine voll funktionsfähige Kornmühle von 1807, alte Gasthöfe und – last, but not least – die absolut besuchenswerte und beeindruckende Kirche St. Gertrudis.

1244 findet sich der erste urkundliche Nachweis einer Pfarrei in Oberkirchen. Der Erstbau der Pfarrkirche lässt sich anhand von Ausgrabungen auf das 11. Jahrhundert datieren. Brandspuren im ursprünglichen Turmbereich weisen auf eine Zerstörung dieser Kirche vor 1200 hin. Auch der folgende Neubau wurde 1470 ein Opfer der Flammen. Bereits 1479 wurde die Kirche ein drittes Mal neu errichtet. Doch bis 1640 traten so viele bauliche Mängel auf, dass die Kirche zunächst renoviert und schließlich 1666 vollständig neu aufgebaut wurde.

Der 35,2 Meter hohe Turm wird von einer „Welschen Haube“ – einer gebauchten Zwiebelhaube – abgeschlossen. Die Kirche ist insgesamt 33,9 Meter lang. Im Inneren befinden sich ein Hochaltar und eine Kanzel, die von den Attendorner Sasse-Brüdern gefertigt wurden. Die Beichtstühle und das Tabernakel stammen vom Fredeburger Schreiner Synn. Die Orgel wurde Mitte des 18. Jahrhunderts vom Orgelbauer Heinrich Kleine geschaffen.
Beeindruckend ist auch das Taufbecken aus Grünsandstein aus dem Jahr 1632. Insgesamt zählt die Kirche St. Gertrudis zu den wichtigsten Zeugnissen des frühbarocken Kirchenbaus im Sauerland.