Foto: Georg Hennecke
Text: Christel Zidi

Fiktive Erzählung

Geschichte eines Schulten

Meistens ist es hier ruhig, bei uns auf’m Hof. Halbeswig – da, wo die Welt ein bisschen langsamer ist. Wenn du morgens früh rauskommst und dat Licht über’n Hof kriecht, dann hörst´e die uralten Pflastersteine fast reden. Jau, dat klingt jetzt komisch, aber glaub mir: Wer hier steht, merkt, dat hier wat is.

Zwar steht in meinem Personalausweis ein anderer Name, aber ich bin der Schulte – so hat man uns immer genannt. Früher hieß dat: Ich bin der Bauer, aber auch so’n bisschen der Chef. Nicht im großen Sinne, aber für den Hof eben. Mein Vater war dat, und sein Vater auch. Und ganz lange davor, da war’s der Diedrich – Schulte-Halbeswig, geboren um 1330. Der erste, von dem man weiß, dat er den Hof hier hatte. Damals hat der Propst von Meschede uns den Hof verliehen. So lief dat früher, mit Lehn und Zehnten und dem ganzen Zeug.

Sein Sohn, der Vollmar – oder wie sie ihn nannten: Voylmeke – der hat dat Ding dann übernommen. 1404, steht es in so ‘ner alten Urkunde, hat der Propst Albert ihm den Hof bestätigt. Mit so ‘nem schönen Satz: „Dieser Hof muss alle zwölf Jahre vom Probst gewonnen werden.“ Jo, da musste man hin, schön Respekt zeigen und sagen: Wir sind euch treu. Und im Gegenzug ließ der Probst einen machen.

Dat Land war also nicht richtig „unser“, aber irgendwie doch. Wir haben’s bewirtschaftet, gepflegt, verteidigt – als ob’s uns gehört. Und vielleicht war dat auch mehr wert als´n Stück Papier.

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