Foto: Altes Forsthaus, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Text: Christel Zidi
Rehsiepen, im Jahre 1895
Der Revierförster Christian Schnettler blickt zurück (fiktive Erzählung)
Ein frischer Herbstmorgen war’s, als meine liebe Frau Maria und ich das neue Forsthaus zu Rehsiepen bezogen. Noch standen die Möbel ungeordnet, der Stall war leer – und doch hätte das Haus für uns kaum vollendeter sein können. Ich war der zweite Förster, der hier seinen Dienst antrat, nachdem mein Vorgänger den Bau mit Bedacht und Sachverstand geplant und begleitet, aber schon nach wenigen Jahren wieder verlassen hatte.
Was Förster Schmitt mit Sinn für Dauerhaftigkeit und Zweckmäßigkeit erschaffen hatte, durften wir übernehmen: Der Tennenboden war mit Bachsteinen im Fischgrätmuster gelegt, im Gewölbekeller stand ein gemauerter Backofen, in dem Maria schon bald das erste Brot buk. Auf dem Dachboden richteten wir eine Räucherkammer ein – noch im ersten Winter hingen dort Würste und Speck, durchzogen vom Duft des Wacholders.
Das Treppenhaus mit seinen gedrehten Wangen zeugte von kunstvollem Tischlerhandwerk, ebenso wie die kräftigen Türen, die sauber gefassten Fenster und die gediegenen Beschläge.
Wir liebten all die durchdachten Kleinigkeiten: das kleine Flurfenster, das der Speisekammer Frischluft spendete, und die feinen Schublädchen unter den Fensterbänken, in denen sich das Tauwasser der kalten Scheiben sammelte. Und wir liebten es, an Winterabenden vor dem warmen Ofen zu sitzen, während draußen das Rehsiepener Land tief verschneit lag.
Zwischen 1890 und 1894 schenkte uns der Herr vier Söhne. Der Erstgeborene erhielt meinen Namen: Christian Joseph. Der zweite heißt Christian Benedikt, der dritte Friedrich, und unser vierter Sohn wurde – zu Ehren des heiligen Hubertus, des Schutzpatrons aller Jäger und Forstleute – auf den Namen Hubertus getauft. Alle vier haben den Segen in St. Gertrudis in Oberkirchen bekommen, in dieser wunderschönen alten Kirche. Wenn – so Gott will – wir noch ein Mädel bekommen, dann werden wir es Gertrud nennen.

